Nordkirchen - "Die Frontlinie
lag direkt hinter unserem Hof in Ostpreußen. Mit neun Personen sind wir erst
über das Haff und dann über die Ostsee geflüchtet. Danach wurden wir getrennt
untergebracht."
In großer Runde saßen Betroffene
am Montag im Heimathaus Capelle und berichteten von ihren ganz persönlichen
Schicksalen während und nach der Flucht aus den Ostgebieten während und nach
dem 2. Weltkrieg. Sie folgten dem Aufruf des Heimatvereins, für die geplante
Ausstellung "Flucht und Vertreibung" ihre Geschichte zu erzählen und,
wenn möglich, Exponate aus der alten Heimat mitzubringen. Erhard Huppert und
Ludger Hanke, Organisatoren der Ausstellung, freuten sich über die rege
Teilnahme. Immer wieder fragte Ludger Hanke nach und regte so die Betroffenen
an, etwas über ihre damalige Situation zu erzählen. Tief sitzen die
Erinnerungen an die Vertreibung.
Krankheiten
"Ich war neun Jahre alt, als
wir am 24. Januar 1945 aus Ostpreußen flüchteten. Ende März erreichten wir
Königsberg, um mit dem Schiff nach Dänemark zu gelangen. Dort lebten wir drei
Jahre im Internierungslager, da wir ja keine Zieladresse angeben konnten."
Viele Erlebnisse und Eindrücke kamen am Montag wieder in Erinnerung. Eindrücke,
die nie versiegen. Von Krankheiten während der Flucht, dem nagenden Hunger, der
eisigen Kälte und dem allgegenwärtigen Tod.
"Ich kann mir keine Filme
über die Flucht und den Krieg ansehen, dann sehe ich es wieder ganz deutlich
vor mir", so ein Teilnehmer.
Millionen Flüchtlinge kamen in den
Westen und mussten untergebracht werden. Davon wurden auch 1240 Männer, Frauen
und Kinder in Nordkirchener Familien einquartiert. Karl Schäper berichtete, wie
er als Ur-Nordkirchener Anfang 1946 die Ankunft der Vertriebenen erlebte.
"Wie hat die heimische Bevölkerung
die Flüchtlinge aufgenommen?" Auch dieser Aspekt wird in der Ausstellung
Beachtung finden. Ludger Hanke und Peter Wiegand vom Heimatverein hielten an
diesem Abend alles fest, um es für die Ausstellung aufzuarbeiten.
Es wurde unterdessen auch ein Fragebogen
entworfen, der gezielte Fragen über die Erlebnisse stellt. Anonym können hierzu
Angaben gemacht werden. Die Ergebnisse hieraus werden für die Ausstellung
verwertet und sollen ihr einen ganz persönlichen Aspekt geben. – Aps
Die Ausstellung "Flucht und
Vertreibung" ist vom 23. April bis zum 14. Mai im Heimathaus in Capelle zu
sehen.
Mittwoch, 08. März 2006 Quelle:
Ruhr Nachrichten (Nordkirchen)