Die Geschichte der Kinderheilstätte von Nordkirchen

Die Kinderheilstätte blickt auf eine über 400jährige Geschichte zurück. So wird bereits 1556 urkundlich das Armenhaus erwähnt. Gestiftet hatte es Gerhard von Morrien, der der Familie der Ritter von Morrien entstammt. Die Stiftungsurkunde datiert vom 20. Dezernber 1556, ist erhalten und gibt Aufschluß über das Stiftungskapital, Lage und Größe des Hauses, Verwaltung der Armengelder, Anzahl und Art der aufzunehmenden Personen wie über Vorschriften für den Lebenswandel der Armen und ihrer religiösen Pflichten. Die Leitung und Verwaltung des Armenhauses oblagen anfänglich den Herren von Morrien sowie im weiteren geschichtlichen Verlauf jeweils den Herren des Hauses Nordkirchen, nämlich den Herren und Grafen von Plettenberg (durch Kauf der gesamten Nordkirchener Besitzungen im Jahre 1694) und Grafen von Esterhazy sowie den Fürsten und Herzögen von Arenberg. Im Jahre 1921 wurde das Armenhaus dem Diözesancaritasverband Münster gestiftet.

Im Jahre 1730 faßte Ferdinand von Plettenberg den Entschluß, die Morriensche Fundation zu erweitern und ein neues Gebäude zu errichten. Mit dem Bau dieses Gebäudes wurde der Obrist-Leutnant Johann Conrad Schlaun beauftragt. Der Bauplan, der von Schlaun eigenhändig gefertigt wurde, ist im Landesmuseum Münster archiviert. Über dem Eingang des damaligen Armenhauses - heute Verwaltungsgebäude der Kinderheilstätte - befindet sich noch heute das Allianz-Wappen der Stifter Plettenberg-Westerholt. Die Bauarbeiten an dem Armenhaus erstreckten sich über den Zeitraum von 1730 bis 1732, und die Kosten beliefen sich auf 6.640 Taler.

Den Armen wurde zur Pflicht gemacht, beständig ein friedsames und ehrbares Leben zu führen, täglich eine Messe zur zeitlichen und ewigen Wohlfahrt der Besitzer des Hauses Nordkirchen zu hören und sonnabends der singenden Litanei beizuwohnen, sowie wenigstens einmal im Monat zu beichten. Die letzte Erbin der Plettenbergs heiratete 1833 den Grafen Nikolaus Esterhazy-Galantha aus Österreich-Ungarn.

Im Jahre 1852 wurde auf Veranlassung dieser Gräfin Maria Plettenberg, verheiratete Esterhazy-Galantha, das Armenhaus in ein Krankenhaus umgebaut. Zu diesem Zeitpunkt erhielt das Krankenhaus im Gedenken an den Erbauer des Hauses den Namen "Ferdinand-Hospital". Am 12. Dezember 1853 übernahmen die Barmherzigen Schwestem in Münster (Clemensschwestern) die Pflege und Betreuung der Patienten in Nordkirchen. Neben der Krankenhauspflege gehörte hierzu auch die ambulante Versorgung der Bevölkerung Nordkirchens sowie die Betreuung und Versorgung von Hilflosen (Daueraufnahme im Armenhaus). Mitglieder der Gemeinde wurden kostenlos behandelt - von auswärtigen und zahlungskräftigen Patienten wurde ein Tagessatz gefordert.

Graf Nikolaus von Esterhazy ordnete am 31. Juli 1891 an, daß in Nordkirchen eine Kinderbewahrschule erbaut werden solle (sog. Haus II - heute Bürgerhaus der Gemeinde). In der Abschrift der Stiftungsurkunde heißt es: `Ich ordne die Einrichtung einer Kinder-Bewahranstalt in Nordkirchen an. Dieselbe soll mit dem gräflich-esterhazyschen St. Ferdinands-Hospitale hier in Verbindung gesetzt und von Schwestern derjenigen Kongregation geleitet werden, welche auch die Krankenpflege im Hospital übernimmt.'

Der Vorstand der Clemensschwestern zu Münster lehnte die Leitung der Kinderbewahrschule ab. Es mußte ein Orden gefunden werden, der sowohl die Krankenpflege übernahm als auch den Unterricht in der Kinderbewahranstalt. So wurde am 28. April 1892 'Die Oberin der Schulschwestern - Ehrwürden zu Heiligenstadt (Eichsfeld) - Kloster auf dem Berge' angeschrieben. In diesem Schreiben wurden die gute Absicht des Grafen geschildert und die Schwestern gebeten, die Leitung der Kinderbewahranstalt und die Pflege und Betreuung der Patienten im Hospitale zu übernehmen. Nachdem die Schwestern ihre Bereitschaft erklärt hatten, wurde am 27. Juni 1892 die Genehmigung zur Errichtung der Kinderbewahranstalt von der königlichen Regierung erbeten. Auch damals nahmen Formalitäten ihre Zeit in Anspruch. Am 3. Juli 1893 war es dann endlich soweit, und die Heiligenstädter Schulschwestern konnten ihren Dienst in Nordkirchen antreten. Die drei Ordensschwestern Schw. Rosa, Schw. Sophia und Schw. Theodora bildeten die Pioniere für viele nachfolgende Schwestern dieser Kongregation.

Im weiteren geschichtlichen Verlauf wurde das Schloß Nordkirchen nebst der Armenanstalt und dem Ferdinand Hospital im Jahre 1903 durch die Gräfin Paula von Esterhazy, geb. Gräfin Stockau, an den Herzog von Arenberg verkauft.

Im ersten Weltkrieg wurden in der Kinderbewahranstalt unterernährte Kinder aus den benachbarten Industriestädten betreut und gepflegt, indem man hier eine Landpflegestelle errichtete. Durch die fortschreitende Inflation reichten die Zinsen des Stiftungskapitals für die Unterhaltung des Ferndinand-Hospitals und der Kinderbewahrschule bald nicht mehr aus, und die herzogliche Verwaltung mußte die Einrichtungen erheblich unterstützen. Somit kam der Herzog von Arenberg dem Wunsch des Caritasverbandes auf Übertragung der Einrichtungen gerne nach. Der Übertragungsvertrag wurde zum 1. September 1921 rechtswirksam.

In den folgenden Jahren wurden dringende Sanierungsarbeiten durchgeführt, aber auch Erweiterungsbauten. So wurden 1928 das Josefshaus (Akutabteilung) und 1926 bzw. 1929 das heutige sogenannte Schulhaupthaus errichtet. Die Kinderheilstätte entwickelte sich zum Fachkrankenhaus / Sanatorium für die Tuberkulosebehandlung. Der Kindergarten der Gemeinde wurde zu diesem Zeitpunkt in einem alten Bauernhaus im Dorfe untergebracht. Heute dient dieses Bauernhaus wiederum der Kinderbetreuung und beherbergt den Sonderkindergarten der Kinderheilstätte.Erworben hat es der Caritasverband durch einen Grundstückstausch mit Besitzungen in Ascheberg.

Die Kinderheilstätte hatte als Tuberkuloseeinrichtung ihren Höhepunkt in den Kriegsjahren bzw. in der Nachkriegszeit des 2. Weltkrieges. Mitte der sechziger Jahre ging die Behandlungszahl zurück. Bei ständig steigender Unterbelegung mußte für die Kinder heilstätte Nordkirchen eine neue Aufgabe gefundenwerden. Da sich zeigte, daß vor allem derPersonenkreis dergeistigund körperlich behinderten Kinderunterversorgtwar, wandte sich die Kinderheilstätte mit ihrem Betten- und Behandlungskonzept insbesondere diesen mehrfach behinderten Kindern zu. Das therapeutische Angebot von Krankengymnastik, Beschäftigungstherapie, provisorischem Schwimmbecken, Reiten, Sprachheillehrern, konsilarischen Fachärzten aller Fachrichtungen in der Nachbarschaft, sowie das Schulangebot im Hause berechtigen zu dieser Spezialauswahl. Man entschied deshalb, zukünftig in der Kinderheilstätte geistigbehinderte Kinder zu betreuen. Die ersten behinderten Kinder wurden am 16. März 1965 aufgenommen.

1964 wurde das Personalwohnheim bezogen. Auf die Fertigstellung dieses Gebäudes hatten die Mitarbeiter sehnsüchtig gewartet, waren doch viele von ihnen - insbesondere auch die Ordensschwestern - nur leidlich in Kammern unter dem Dach oder über der Ökonomie untergebracht. In einem Zeitungsartikel der'Ruhrnachrichten'vom 18.6.1964 heißt es unter anderem: `...Nur die Inneneinrichtung bereitet noch einige Sorgen. Doch wie schon so oft,

vertrauen sie auch dieses Mal wieder auf die Hilfe der Bevölkerung. 130 Kinder werden zur Zeit in der Kinderheilstätte betreut. Doch noch rund 70 mehr könnten dort Aufnahme finden. Diesen Rückgang in der Zahl der Gäste werten die Schwestern als positives Zeichen für ein langsames Nachlassen der Tuberkulose. Doch trotzdem hat der Neubau seine Berechtigung. Neue Aufgaben warten auf die Heilstätte in Nordkirchen. Noch im Laufe diesen Monats will Medizinaldirektor Brandt die neuen Pläne für das Haus erörtern.`

Begonnen wurde die Geistigbehindertenarbeit in der Kinderheilstätte mit einer Tagesbildungsstätte und einem 5-Tage-Internat. Um der neuen Aufgabe auch baulich gewachsen zu sein, formulierte der Träger die Ziele der Einrichtung und führte 1970 einen Architektenwettbewerb durch. Zu diesem Zeitpunkt ging man von einer maximalen Bettengröße von 400 Plätzen für die Kinderheilstätte Nordkirchen aus. Die Mindestgröße sollte 300 Betten betragen. Doch bereits während der ersten Bauphase wurde deutlich, daß man zu groß gedacht hatte. Somit wurde nur ein Bauabschnitt von den geplanten drei Gebäuden verwirklicht. Dieses seinerzeit realisierte Gebäude trägt heute den Namen'Villa Kunterbunt'und beherbergt auf 10 Gruppen 130 Kinder und jugendliche. Im Erdgeschoß sind die Verwaltungsräume der Heimleitung, und die Therapieräume untergebracht. Viele kleinere Renovierungen und Umbaumaßnahmen folgten. Die letzte größere Baumaßnahme waren der Neubau der Maximilian-Kolbe-Schule und Turnhalle in den Jahren 1981 bis 1984.

Übrigens: Am 19.9.1956 wurde die erste Mitarbeitervertretungswahl durchgeführt. Es erhielten Herr Kippelt 32 Stimmen, Herr Kettermann 23 Stimmen und Frl. Immig 22 Stimmen,

1962 beschäftigte die Kinderheilstätte 100 Mitarbeiter, davon 36 Ordensschwestern. Am 1. 1. 1963 wurde die Ordenstracht geändert. 1963 machten die Schwestern 'Integrationsversuche'. In der Chronik heißt es: 'Am 8. April zogen die Schwestern von Haus 11 mit ihren Jungen ins Josefshaus, aber bereits nach wenigen Wochen kam der Rückzug, da es sich als unhaltbarer Zustand erwies, daß die Jungen und Mädchen so nah zusammen kamen.`

Im Mai 1964 wurden die Milchkühe abgeschafft und am 19. Mai 1965 die letzten Schweine in der Kinderheilstätte geschlachtet. Die Selbstversorgung wurde aufgegeben.

Am 12.1.1968 verließen die letzten Tbc- Patienten die Kinderheilstätte.

1974 hatte die Kinderheilstätte 174 Mitarbeiter, davon 23 Ordensschwestern.

Am 15.9.1975 wurde der erste Spatenstich für den neuen Wohnheimbereich 'Villa Kunterbunt' getan. Das Wohnheim faßte später 130 Bewohner/Betreute.

Am 9.11.1975 brach im Josefshaus ein Feuer aus. Wir hatten vier Tote zu beklagen.

Am 17.10.1977 begann der große Umzug in die 'Villa Kunterbunt'.

Am 1.7.1977 wurde das Haus II an die Gemeinde Nordkirchen verkauft bzw. gegen die alte Mädchenschule getauscht.Die Sonderschule für Geistigbehinderte wurde am 1. Februar 1977 anerkannt

Die "Villa Kunterbunt" wurde am 24.1.1978 durch Bischof Tenhumberg eingesegnet. In diesem Jahr beschäftigte die Kinderheilstätte 226 Mitarbeiter.

Am 20.10.1978 wurde der Förderverein für die Kinderheilstätte gegründet.

Im Jahre 1979 wurde erstmals ein Karnevalsumzug in Nordkirchen durchgeführt, zu nächst auf dem Gelände der Kinderheilstätte. Seit 1981 zieht man unter reger Beteiligung der Nordkirchener Bevölkerung durch die Gemeinde.

Die Kinderheilstätte umfaßt heute eine Beratungsstelle für entwicklungsverzögerte Kinder, eine Frühförderstelle (z.Zt. werden ca. 100 Kinder betreut), einen Sonderkindergarten mit drei Gruppen ä 8 Kindern zuzüglich einer 'integrativen Gruppe' mit 15 Kindern (5 behinderte, 10 nichtbehinderte Kinder), eine Sonderschule für Geistigbehinderte (mit z.Zt. 250 Schülern), ein Krankenhaus für Kinder- und jungendpsychiatrie mit 45 Betten sowie ein Heim einschließlich 5-Tage-Intemat mit 129 Plätzen.



Aus "100 Jahre Kinderheilstätte Nordkirchen" von Hermann Schedding



Das Ferdinand-Hospital



Zwei ehemalige Mitarbeiterinnen, Schw. M. Wilhelmine und Schw. Hermine, stellen sich dem Interview.

Wieviele Patienten konnten zu Ihrer Zeit ins Ferdinand-Hospital aufgenommen werden?

Schw, M. Wilhelmine : Es konnten 15 Patienten stationär betreut werden. Auf der Station gab es: 1 Vierbettzimmer, 1 Dreibettzimmer, 2 Zweibettzimmer und 4 Einbettzimmer, wobei 3 der Einbettzimmer nur von Wöchnerinnen belegt wurden.

Welche Krankheiten hatten die Patienten?

Schw. Hermine: Es wurden bevorzugt Patienten mit inneren Erkrankungen, z.B. des Herzens, der Nieren, des Magens usw. eingewiesen.

Schw, M. Wilhelmine: Darüberhinaus waren auch die sogenannten Wöchnerinnenzimmer, vor allem im Frühjahr und Herbst, immer belegt, so daß für das Wohl vieler Mütter und ihrer Neugeborenen bestens gesorgt wurde.

Wieviele Tage/Wochen betrug der durchschnittliche Aufenthalt der Patienten?

Schw. Hermine: Die meisten Patienten wurden für die heutigen Verhältnisse recht lang stationär betreut, nämlich ca. 4 bis 6 Wochen.

Durch welche Ärzte wurden die Patienten eingewiesen?

Schw. M. Wilhelmine: Dr. Beerens aus Nordkirchen war der Belegarzt für das Ferdinand-Hospital.

Schw. Hermine: Zu meiner Zeit hat darüberhinaus Dr. Wilkmann aus Nordkirchen und nach der Pensionierung von Dr. Beerens Dr. Heiermann aus Südkirchen eingewiesen.

Welche Hebamme war zu ihrer Zeit auf der Station tätig?

Schw. M. Wilhelmine: Für Wöchnerinnen aus Nordkirchen war Frau Bittner zuständig, für Frauen aus Südkirchen Frau Rüschhoff.



Frau Bittner



Schw. Hermine: Nach dem Ausscheiden von Frau Bittner versorgte Frau Rüschhoff die Wöchnerinnen aus drei Orten: Nordkirchen, Südkirchen und Capelle. Frau Funke aus Ascheberg wurde ihre Nachfolgerin. Sie übte ihren Beruf bis zur Auflösung der Station Ferdinand als Krankenhaus aus. Die letzte Geburt erfolgte am 8.9.72. Es war das Kind Marion Dornhege aus Südkirchen.

Wie war der Personalschlüssel auf der Station? (Beide Schwestern schmunzeln)

Schw. M. Wilhelmine. Schw. M. Philippa hatte das Regiment auf der Station. Sie delegierte die Aufgaben und überprüfte deren Ausführung. Eine Mitarbeiterin und ich waren für die Pflege der Patienten und die Hygiene auf der Station zuständig.

Schw. Hermine: Bei mir sah es ähnlich aus: Meine Mitarbeiterin war Frau Anna Baumeister. Gelegentlich half uns auch Schw. Witburg auf der Station.

Können Sie kurz Ihren Tagesablauf auf der Station schildern?

Schw. M. Wilhelmine, Schw. Hermine:

5.00 Uhr: Dienstbeginn: Säuglinge zu den Müttern bringen, Versorgung der Mütter mit Milch und Zwieback

7.00 Uhr. Pflege der Patienten, Verteilen des Frühstücks

8.30 Uhr: Visite der Ärzte, ärztliche Verso,ng, Pflege der Säuglinge

11.30 Uhr: Verteilen des Mittagessens bis 14.00: Uhr Mittagspause

nachmittags: Besuchszeit, Austausch mit den Angehörigen, Erfüllung vieler kleiner Wünsche

18.00 Uhr: Verteilen des Abendessens, Pflege der Patienten

ca. 21.00 Uhr: Nochmaliges Pflegen, Nachfüttern der Säuglinge...

Fällt ihnen spontan eine Begebenheit aus ihrer Zeit auf der Station ein, die Sie uns berichten möchten?

Schw. Hermine: Wiederholt erlebte ich es, daß Kinder aus der Gemeinde kamen, um für ca. 5,- DM ein Kind zu kaufen. So kamen auch eines Tages 2 Brüder von 7 und 8 Jahren, die mir den Auftrag gaben, den nächsten Säugling, der hier geboren würde, zu ihnen nach Hause zu bringen. Sie waren regelrecht böse auf mich, als sie sahen, daß das Neugeborene in der Nachbarschaft einzog.

Eine Wöchnerin sagte zu ihrem Kind: Geh zu Schw. Hermine, die zeigt Dir das Baby.Darauf das Kind: Mama, die heißt doch nicht Herr Mine sondern Frau Mine!

Schw. M. Wilhelmine: Auch mir fallen noch einige Begebenheiten aus der Zusammenarbeit mit Schw. M. Philippa ein. Diese arbeitete von 1938 bis 1963 auf der Station. Ihr Mühen um das Wohl der Patienten ist sicherlich noch vielen aus der Gemeinde bekannt. Schw. M. Philippa war ja eine sehr ordnungsliebende, sorgfältige Schwester. Täglich mußten die 3-teiligen Matratzen der Patientenbetten umgedreht werden (damit keine Mulde entstand); auch die Bettlaken durften keinerlei Falten aufweisen. Passierte es nun, daß ein überglücklicher Vater die Nähe seiner Frau und seines Kindes suchte und sich auf die Bettkannte setzte, so durfte er dies bezahlen: Schw. M. Philippa kassierte 50 Pfl. Wie bereits erwähnt, war das Frühjahr und damit auch der Monat Mai eine geburtenreiche Zeit. Wollten diejungenVäter nach Feierabend voller Freude ihren neugeborenen'Stammhalter'begrüßen und läuteten zur selben Zeit die Glocken zur Maiandacht, so sagte Schw. M. Philippa zu den Vätern: 'Gehen Sie mal erst in die Andacht, danach können Sie Frau und Kinder besuchen!'

Eines Tages machte Schw. M. Philippa in ihrer Apotheke Inventur und alle Medikamente, deren Haltbarkeitsdatum überschritten war, wanderten in die Toilette. Ein intensiver Geruch verströmte ringsum... Schw. Adelheid dachte: 'Der Bischof kommt doch gleich! Was mache ich nur, um den Geruch wegzubekommen...', griff nach dem Weihrauchfaß und verschwand damit auf das 'stille Örtchen'. Früher als erwartet stand der Bischof vor der Tür, in Windeseile hatten sich alle Schwestern um ihn versammelt. Der erste Gang des Bischofs führte zur Toilette... Herzhaft lachend sagte er anschließend im Sprechzim mer: 'Mit Weihrauch bin ich dort noch nie empfangen worden!'

Zum Schluß des Interviews sagen Schw. M. Wilhelmine und Schw. Hermine einstimmig:

Mit Freude denken wir an die 'Nordkirchener Jahre'mit all unseren Kontakten zu Müttern, Kindern, Patienten und Mitschwestern!